Aufbau und Führung des Landes zur Zeit Jesu von Nazareth
Römische Verwaltung
Allgemeiner Leitsatz der Römer war es, den unterworfenen Völkern ihre eigenen Sitten und Gebräuche zu belassen.
In ihrer Hand behielten sie allerdings:
- den militärischen Schutz des Landes,
- die Oberaufsicht über die Steuern und
- die Oberaufsicht über die Rechtsverwaltung.
Für Israel bedeutete es, dass die Römer:
- den Hohenpriester ernennen und absetzen konnten,
- den Hohen Rat bei besonderen Anlässen einberufen konnten,
- Todesurteile durch den Hohen Rat zu bestätigen hatten und
- die Oberaufsicht über die Gelder im Tempel führten.
Die Römer forderten außerdem von den Israeliten, dass für den Kaiser in Rom täglich ein Opfer im Tempel stattzufinden habe. Damit nahmen die Juden gewissermaßen eine Sonderstellung ein, da sie den Kaiser nicht als Gott verehren mussten.
Jüdische Selbstverwaltung
Die Juden hatten
- das Recht auf ihre Religionsausübung im Tempel und in den Synagogen.
- Sie brauchten den Kaiserkult nicht mitzumachen.
- Sie hatten die Rechtsprechung im Land (Bis auf die Todesstrafe durften sie aufgrund ihrer religiösen und ethischen Grundsätze Recht sprechen.).
- Sie hatten ihre eigene Verfassung mit einem Hohen Priester und dem Hohen Rat an der Spitze .
- Sie konnten die Tempelsteuer selbst eintreiben, auch von den Diasporajuden (pro Kopf waren das 1 Doppeldrachme, etwa 0,75 Euro).
- Sie hatten die Verwaltung des Tempelschatzes, allerdings unter römischer Oberaufsicht.
- Sie hatten die gesamte Organisation zum Lernen und Studieren des Gesetzes in ihren Händen, das heißt, die Thoraschulen wurden von ihnen geleitet.
Der Eingriff in den Tempelschatz durch die Römer war dann die unmittelbare Veranlassung zum jüdischen Krieg. Die Juden stellten 66 nach Christus die Opferung für den Kaiser in Rom ein, was für das Weltreich eine Kriegserklärung bedeutete.
Der spätere Kaiser Titus zerstörte 70 nach Christus den Tempel, von dem wir heute nur noch die Klagemauer kennen. Sie ist als einziges Überbleibsel des Tempels erhalten geblieben.
Palästina unter König Herodes des Großen und seiner Nachfolger
Herodes der Große - unter seiner Regierung wird Jesus von Nazareth geboren (nachzulesen in Matthäus, Kapitel 2, die Verse 1-18) - besaß in etwa das Reich in der Größenordnung Davids, und es war damit etwa so groß, wie es heute mit den besetzten Gebieten ist.
Nach seinem Tod wird Palästina folgendermaßen aufgeteilt:
Archelaus (ein Sohn Herodes des Großen) erhält Judäa, Idumäa und Samaria. Hauptstadt ist Jerusalem. Unter seiner Regierungszeit kehrt Josef mit Maria aus Ägypten zurück - Matthäusevangelium 2,22.
Herodes Antipas (leiblicher Bruder von Archelaus) erhält Galiläa und Peräa. Die Hauptstadt ist Tiberias am See Genezareth.
Herodes Antipas wird im Neuen Testament als der Landesherr Jesu genannt. Pilatus lässt Jesus zu ihm bringen, weil er zur Zeit des Prozesses um Jesus gerade in Jerusalem ist - Lukasevangelium, Kapitel 9, die Verse 7-9. Er ist auch der Mann, der Herodias heiratet, die Frau seines Halbbruders Philippus. Ihre Tochter ist die Salome, die Herodes Antipas zur Enthauptung Johannes des Täufers bringt - Matthäusevangelium, Kapitel 14, die Verse 6-12.
Philippus (Halbbruder von Archelaus und Herodes Antipas, Sohn Herodes des Großen und der Kleopatra) bekommt das Gebiet im Nordosten von Galiläa mit Caesarea Philippi als Hauptstadt. Nach dem Tod Philippus gibt es noch zwei herodianische Nachfolger: Herodes Agrippa I und Herodes Agrippa II.
Pilatus ist Prokurator (Landpfleger) von Judäa und Samaria. Gleichzeitig hat er die Oberaufsicht der römischen Verwaltung.
Er hat auch das volle Recht der Rechtsprechung das heißt, er kann die Todesstrafe aussprechen, ist zuständig für die Ein- und Absetzung des Hohen Priesters sowie für die Festlegung der Steuer und deren Eintreibung.
Pilatus ist nur dem Kaiser in Rom selbst verantwortlich.
Edwin Suckut